a) Eine Petition ist eine Bitt- oder Beschwerdeschrift an ein Parlament. Im weiteren Sinne gehören sämtliche schriftlich abgefaßten Wünsche an staatliche Stellen aller Art zu den
Petitionen. Wer an das Ordnungsamt schreibt, man möge ein Autowrack von der Straße fortschaffen, der hat (im weiteren Sinne) eine Petition eingereicht
b) Das Recht, Petitionen vorzubringen, ist ein Grundrecht für
"jedermann", Art. 17 Grundgesetz, also z.B. auch für Kinder oder Ausländer. Im Bundestag und in allen Landesparlamenten außer Niedersachsen bestehen Petitionsausschüsse, die nichts anderes zu tun haben, als
die Zuschriften der Bürger zu bearbeiten.
c) Petitionen kann man wegen fast jeder nur denkbaren Sache einreichen, an der irgendwie eine öffentliche Institution, ein Amt, eine Behörde beteiligt ist. Sie lösen
zumindest eine Untersuchung des Sachverhalts durch das Parlament aus. Petitionen sind sehr einfach, verursachen keine Kosten, werden im Normalfall schnell bearbeitet (selten dauert ein Petitionsverfahren länger als
ein Jahr), und sie übertreffen die Erfolgsaussichten von Widersprüchen, verwaltungsgerichtlichen Klagen und Verfassungsbeschwerden bei weitem.
a) Mit einer Petition kann man sich nicht über andere Bürger beklagen. Eine Petition gegen den Nachbarn oder wegen eines Familienkrachs ist nutzlos.
b) Petitionen erlauben keinen Eingriff in die Unabhängigkeit der Gerichte. Laufende Gerichtsverfahren und gerichtliche Urteile können daher nicht Gegenstand einer Petition sein.
a) Petitionen wegen Altersversorgung oder Rente haben eine Erfolgsrate von etwa zwei Prozent. Die Arbeit der Sozialgerichte (vor denen wegen Rente usw. gestritten wird) ist so vortrefflich, daß kaum etwas zu verbessern bleibt.
b) Petitionen von Strafgefangenen wegen Einzelheiten des Strafvollzugs bleiben allermeistens auch erfolglos.
In den Jahren 1998/99 waren Petitionen auf dem Gebiet
- des Aufenthaltsrechts für Ausländer einschließlich Asyl; - des öffentlichen Dienstrechts und der Besoldung; - schulischer Angelegenheiten; - des Umweltschutzes, der Bausachen und des Verkehrswesens;
- der Steuern und Abgaben
überdurchschnittlich erfolgreich. Die Erfolgsrate ist von Land zu Land unterschiedlich; am bürgerfreundlichsten entscheidet Bayern.
a) Man kann eine Petition einreichen mit dem Ziel, daß eine Behörde einen durch sie erlassenen und eigentlich nicht mehr anfechtbaren Bescheid von sich aus wieder aufhebt. Ebenso ist es möglich, durch eine Petition zu erreichen, daß eine Behörde von den Rechten, die ihr durch ein Gerichtsurteil eingeräumt werden, keinen Gebrauch macht. Das Urteil selbst bleibt unabänderlich bestehen.
b) Man kann Ermessensentscheidungen der Verwaltung, z.B. über die Vergabe von Fördermitteln, nachprüfen lassen.
c) Ein geistig behinderter Mensch kann sich mit einer Petition über Anordnungen seines Betreuers oder über die Art und Weise der medizinischen Behandlung beschweren. Dies kommt vor und ist öfter erfolgreich, als man denkt. ähnliches gilt für Waisenkinder in Heimen und andere geschäftsunfähige Menschen.
a) Anonyme Petitionen werden nicht bearbeitet. Wer dem Parlament ein Gesuch unterbreiten möchte, muß seinen vollständigen Namen (Vornamen und Familiennamen) und seine Adresse (oder Namen und Anschrift einer Kontaktperson) angeben.
b) Eine Petition muß schriftlich eingereicht werden. Beim Petitionsausschuß anrufen genügt nicht. Schriftform bedeutet auch, daß die Petition eigenhändig unterschrieben sein muß. Deutsche Sprache ist nicht erforderlich.
c) Aus der Petition muß zu erkennen sein, was der Verfasser eigentlich will. Bloße Mitteilungen, Feststellungen, Dankschreiben, Kritiken, Belehrungen sind keine Petitionen. Bei solchen Schriftstücken ist nicht klar, welchen Wunsch das Parlament dem Schreibenden erfüllen soll.
a) Namen und Adresse angeben, leserlich schreiben, keine Kraftausdrücke verwenden - das versteht sich von selbst. Ein ruhiger, sachlicher Ton sollte auch dann gewahrt bleiben, wenn ein Grund vorhanden ist, sich zu empören.
b) Die Petitionsschrift beginnt mit "einer kurzen, gut geordneten und wahren Geschichtserzählung" oder "einer ebenso geordneten Darstellung der Lage [des Einreichers], die [ihn] zu der Bitte bestimmt hat" (Zitat aus: "Adelungs allgemeiner teutscher Briefsteller", 1846). Man erzählt, was sich ereignet hat. Die Angabe der behördlichen Aktenzeichen und des Datums von Bescheiden ist wichtig. "Kürze" bedeutet, nach Möglichkeit mit höchstens drei A4-Seiten Maschinenschrift bzw. fünf Seiten Handschrift bzw. 6.000 Zeichen Computerschrift auszukommen.
c) Darauf folgen dann die Argumente "in gehöriger Ordnung ..., daß die schwächeren vorangehen, die stärkeren nachfolgen" ("Briefsteller"). Man sagt, worin man den Fehler der Behörde sieht. Kann man das nicht, dann läßt man es lieber. Eine Petition muß nicht begründet werden.
d) Zum Schluß formuliert man möglichst eindeutig, welche Entscheidung des Parlament man sich wünscht. Dann wird die Petition datiert und unterschrieben.
e) Man sendet die Petition als normalen Brief (Einschreiben kostet unnötig Geld; Petitionen kommen nicht weg) an das Landesparlament, wenn man sich über eine Landesbehörde beschweren will, ansonsten an den Bundestag.
a) Ein unterwürfiger, kriecherischer, schmeichelhafter Ton in der Petition macht einen schlechten Eindruck.
b) Wer eine zu kleine Schrift verwendet (Computerschrift unter 10 Punkte) oder das Papier bis auf den letzten Quadratzentimeter vollschreibt, der beeinträchtigt die Lesbarkeit der Petition.
c) Man hüte sich davor, eine Petition politisch hochzukochen. Wenn sich die parlamentarische Opposition einer Petition "annimmt", Reden dazu hält, "zur Unterstützung" der Petition Presseerklärungen schreibt oder Forderungen an die Regierung stellt, dann hat man seine Chance verspielt. Parlamentsmehrheit und Regierung werden in solch einer Situation immer bestrebt sein, die Petition abzuweisen, nur damit die Opposition keinen Erfolg vorzeigen kann.
a) Das Sekretariat des Petitionsausschusses schickt dem Einreicher (dem "Petenten", wie die förmliche Bezeichnung lautet) eine schriftliche Bestätigung, daß seine Petition eingetroffen ist.
b) Sodann fordert der Petitionsausschuß vom zuständigen Ministerium einen Bericht über den Vorgang an, welcher der Petition zugrunde liegt. Diese Berichtspflicht wird von den Behörden gefürchtet. In etwa 15% der Fälle gibt die Behörde sofort nach und erfüllt den Wunsch des Petenten ganz oder teilweise (sog. "positive Erklärung"). Der Petent wird davon benachrichtigt, und das Verfahren ist beendet.
c) Ergeht keine "positive Erklärung", so werden Petition und Bericht im Petitionsausschuß beraten. Der Ausschuß kann sich Akten vorlegen lassen, Ortsbesichtigungen durchführen, weitere Auskünfte einholen, Minister vorladen, wenn es sein muß. Alle Behörden und Gerichte sind verpflichtet, dem Petitionsausschuß Amtshilfe zu leisten. Ein Recht des Petenten auf Akteneinsicht oder auf Anwesenheit bei der Beratung besteht nicht. Wenn der Ausschuß den Wunsch des Petenten für berechtigt hält, so "überweist" er die Petition (mit unterschiedlichem Grad der Strenge) an die Regierung. Diese ist formal nicht verpflichtet, einer "überwiesenen" Petition auch nachzukommen, tut es aber in der Mehrzahl der Fälle.
d) Der Ausschuß teilt seine Entscheidung (überweisen/nicht überweisen) dem Petenten schriftlich mit. Führt die Regierung den überweisungsbeschluß des Parlaments aus, so erhält der Petent darüber ebenfalls Mitteilung.
dann gibt es (falls der Weg zu den Gerichten bereits gegangen ist) auf Erden keinerlei Hilfe mehr. Man kann eine Petition allerdings (mit neuer Begründung, neuen Tatsachen, neuen Beweismitteln) abermals einreichen.